Das einstige Vorzeigeunternehmen der Solarbranche schockiert seine Anleger mit dem Verlust der Hälfte des Grundkapitals. In einer ad hoc Mitteilung verkündete das Unternehmen am 17. April 2013 die düsteren Aussichten. Die Solarworld AG teilte auf ihrer Homepage mit, dass ein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals eingetreten ist. Weiter werde das Eigenkapital im HGB-Einzelabschluss für das Geschäftsjahr 2012 nach aktueller Einschätzung etwa minus 20 bis minus 50 Millionen Euro betragen. Außerdem werde im Geschäftsabschluss 2012 ein Verlust nach Steuern in Höhe von 520 bis 550 Millionen Euro eintreten. Der Verlust resultiert zu einem Fünftel aus der Ergebnisbelastung im Zusammenhang mit dem Geschäftsverlauf 2012 und zu vier Fünfteln aus Abschreibungen auf Beteiligungen.
Die Zahlen sind natürlich absolut beunruhigend. Da sollte man als Anleger nicht einfach nur so drüber hinweggehen. Die Aktie bekam die Auswirkungen jedenfalls schon zu spüren und verlor deutlich an Wert. Die Zukunft der Solarworld AG scheint immer mehr von den Gläubigern abzuhängen. Schließlich verhandelt das Unternehmen schon seit Wochen mit Banken und Anleihe-Gläubigern über einen Weg aus der Krise. Noch muss der Weg nicht in die Insolvenz führen. Auszuschließen ist es aber auch nicht mehr. Zunächst wird es aber eine außerordentliche Hauptversammlung geben.
Ein massiver Schuldenschnitt soll die finanziell angeschlagene Solarworld AG aus der Krise führen.
Dadurch soll eine Reduzierung der langfristigen Verbindlichkeiten um cirka 60 Prozent erreicht werden. Mit wichtigen Gläubigern sei eine entsprechende Einigung erzielt worden, so das Solarunternehmen in einer ad-hoc-Mitteilung vom 30. April 2013. Im Gegenzug werden die Gläubiger im Zuge eines tiefen Kapitalschnitts zum Haupteigentümer des Unternehmens. Die zuständigen Gremien müssen der Vereinbarung noch zustimmen.
„Die Gläubiger der beiden Anleihen (ISIN XS0478864225 und ISIN XS0641270045) sollen in allen wesentlichen Belangen mit den übrigen unbesicherten Finanzgläubigern der Gesellschaft gleich behandelt werden. Zur bestmöglichen Berücksichtigung der Interessen der Anleihegläubiger werden in Kürze Gläubigerversammlungen einberufen, damit die Anleihegläubiger jeweils einen gemeinsamen Vertreter bestellen können“, heißt es in der Mitteilung der Solarworld AG.
„Im Grunde bedeutet das, die nahezu vollständige Entmachtung der Aktionäre und fast den Totalverlust des Kapitals.“, warnt Joachim Cäsar-Preller, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. „Selbst der angekündigte Schuldenschnitt bedeutet nicht die Rettung des Unternehmens. Die Konkurrenz aus China ist einfach groß und war letztlich maßgeblich für die Krise der Solarworld AG.“
Verstoß gegen das Aktiengesetz?
Zwischen den Zeilen der aktuellen Solarworld-Diskussion findet sich ein Detail, das mögliche Verantwortung – zumindest aber eine Pflichtverletzung von Verantwortlichen – aufzeigt. Es geht hier um möglichen Rechtsbruch bei Solarworld, der bislang unbemerkt abläuft. Nach § 92, Absatz 1 des Aktiengesetzes ist zwingend vorgeschrieben: "Ergibt sich bei Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz oder ist bei pflichtmäßigem Ermessen anzunehmen, dass ein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals besteht, so hat der Vorstand unverzüglich die Hauptversammlung einzuberufen und ihr dies anzuzeigen."
Mit der ad hoc-Meldung vom 17. April 2013 war dieser Sachverhalt zweifelsfrei erfüllt, so dass die Frist für Solarworld vom 17. April an lief. Trotz alledem sind mehrere Wochen vergangen, ohne dass eine Einberufung im Bundesanzeiger veröffentlicht worden wäre. Sollte es zu einem Verfahren kommen, dann dürfte „unverzüglich“ definiert werden müssen. Normalerweise bedeutet es "ohne schuldhaftes Verzögern". Hier wurde und wird Aktionärsgeld verbrannt und es wird nach Verantwortlichen gesucht werden müssen. Der vorstehende Sachverhalt ist zumindest geeignet, den Vorstand für ein absolut verspätetes Informieren der Aktionäre und des Marktes verantwortlich zu machen.
Aktionäre und Anleihe-Gläubiger der Solarwolrd AG sollten ihre Kapitalanlage rechtlich überprüfen lassen.
Das investierte Geld ist nach dem derzeitigen Stand praktisch verloren. Allerdings können möglicherweise Ansprüche auf Schadensersatz bestehen. Ansatzpunkte hierfür können Fehler im Verkaufsprospekt oder eine nicht ordnungsgemäße Anlageberatung liefern. Die Anleger hätten über das enorme wirtschaftliche Risiko ihrer Kapitalanlage umfassend aufgeklärt werden müssen.
Auf jeden Fall ist es besser und auch aussichtsreicher, die Anlage rechtlich überprüfen zu lassen, als tatenlos dem weiteren Schicksal der Solarworld AG entgegen zu sehen. Die Zahlen für das Geschäftsjahr 2012 verheißen nichts Gutes: Nach vorläufigen Unternehmensangaben vom 29. April 2013 brach der Umsatz massiv ein. Der operative Verlust stieg auf mehr als 490 Millionen Euro. Schon zuvor hatte die Solarworld AG mitgeteilt, dass das Eigenkapital komplett aufgebraucht sei.